Meldungen aus dem Landesverband Saar
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„Lalelu, nur der Mann im Mond weiß, wo der Frieden begraben liegt“

Volkstrauertag Saarbrücken: Poetry slam und Zeitzeugenbericht im Zeichen der Bombardierung von Saarbrücken 1944

Poetry slammerin Lea Sophie Keller Volksbund/A. Zemlin-Kohlberger

 

(Alle Fotos der Veranstaltung finden Sie unter dem Link am Ende der Seite, ebenso die Beiträge im Fernsehen und den Mitschnitt der Gedenkstunde in der Ludwigskirche.)

Am grenzüberschreitenden Volkstrauertag (17. November 2024) in Saarbrücken und Spicheren haben ein Zeitzeuge und eine Poetry slammerin an die Bombardierung der Stadt Saarbrücken vor 80 Jahren erinnert. In ihren Textbeiträgen schilderten sie eindringlich die bedrückenden Lebensumstände, die Todesängste und die Ungewissheit, die die Menschen im Zweiten Weltkrieg erlebt haben. VdK-Vorsitzende Dagmar Heib griff in ihrer Gedenkrede aktuelle Ereignisse in Nahost und in der Ukraine auf. Sie unterstrich die Bedeutung des Volkstrauertags, den die Menschheit heute mehr denn je brauche, um gemeinsam für Menschlichkeit, Wertschätzung, Miteinanderreden, Akzeptanz und Toleranz einzustehen. Der Landesvorsitzende des Volksbundes, Alwin Theobald, lud alle dazu ein, Erinnerungsarbeit zu leisten, vor allem mit jungen Menschen. 

Traditionsgemäß verlas Landtagspräsidentin Heike Winzent das Totengedenken. Der Encore Kammerchor umrahmte die Gedenkstunde mit vier Liedern, dirigiert von Matthias Rajczyk, und begleitet an der Orgel durch Kirchenmusikdirektor Ulrich Seibert.

Der Landesvorsitzende Alwin Theobald, MdL, appellierte an alle, „Vergangenes als Verantwortung [zu] begreifen und vor allem niemals nachzulassen im Bestreben nach dauerhaftem Frieden und Versöhnung“. Dies gelte vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit und „bei der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern in unseren Gedenkstätten“. 

Dagmar Heib, Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, verwies eindringlich darauf, dass der Volkstrauertag sich nicht überleben dürfe. „Weltweit ist noch genug Leid vorhanden! Und täglich kommt neues Leid hinzu, auch bei unseren Einsatzkräften weltweit. Auch in unserem Land gibt es neuen Hass. Im Lichte der aktuellen Entwicklungen in unserem Land und um uns herum, brauchen wir gerade jetzt eine neue Erinnerungsoffensive, eine kollektive Sensibilisierung und Ermutigung.“
 

Zeitzeuge und Poetry slammerin berühren mit ihren Beiträgen

Der Zeitzeuge Norbert Hildesheim wuchs mit drei Geschwistern und seinen Eltern in Alt-Saarbrücken auf. 1944 wurde seine Familie nach Wittlich evakuiert. Sowohl das familienbetriebene Geschäft als auch die darüber liegende Wohnung wurden bei den Bombenangriffen vollkommen zerstört. Hildesheim erzählt von bangen Minuten im Luftschutzbunker und von Hunger, Ängsten und ungefähr 1.000 Beerdigungen, an denen er als Messdiener beteiligt war. Mit gebrochener Stimme gedachte er all der Kinder, die ihre Mütter oder Väter unter Tränen zu Grabe tragen mussten. 

Lea Sophie Keller, Lehramtsstudentin aus Koblenz, fragt in ihrem Poetry slam-Text: Was ist schon gerecht? Sie lässt uns die Ängste nachempfinden, die die Familien hatten, wenn die Sirene erklang und sich alle in den Bunkern verschanzten. Keller übernahm Textteile des Schlaflieds „Lalelu“, ersetzte den Text aber teilweise durch die schreckliche Kriegsrealität, die die Kinder anstatt einer sorglosen Kindheit erleben mussten. 

Jugendliche lesen Feldpostbriefe bei den Kranzniederlegungen

Auf den Spicherer Höhen fanden die drei Kranzniederlegungen statt. Dank des Einsatzes der Feuerwehr aus Spicheren verlief alles reibungslos. Erstmalig wurden vor den Kranzniederlegungen Feldpostbriefe in der jeweiligen Sprache vorgelesen. Hannah Liedmann vom Deutsch-Französischen Gymnasium las am Hochkreuz einen französischen Feldpostbrief vor. Robert Mondt verlas einen amerikanischen Brief und Marilena Friese einen deutschen, bevor sie am amerikanischen Gedenkstein und auf der deutschen Kriegsgräberstätte je einen Kranz niederlegten. Beide sind am Gymnasium am Rotenbühl, welches sich sowohl für den Volkstrauertag als auch für die Haus- und Straßensammlung des Volksbundes engagiert. Rund 20 Schülerinnen und Schüler sowie Oberstufenleiter Volker Simshäuser wohnten der Gedenkstunde in der Ludwigskirche bei. 

 

Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten sowie Polizeibeamte der Gendarmerie aus Behren-les-Forbach bildeten auf den Spicherer Höhen jeweils einen Ehrenzug, während eine Fahnenabordnung des 21st Theater Sustainment Command aus Kaiserslautern den Deputy Commanding Officer, Colonel Todd Allison, begleitete. Musikalisch unterstützt von der Harmonie municipale marschierte der Gedenkzug mit allen Gästen vom Hochkreuz des Souvenir Français zum amerikanischen Ehrenstein der 70th US-Infantery Division und zuletzt zur deutschen Kriegsgräberstätte des Volksbundes. Dominik Sand, Delegierter des Volksbundes, filmte die Zeremonie mit einer Drohne. 

Nach den traditionellen Kranzniederlegungen begrüßte der Bürgermeister von Spicheren, Claude Klein, alle Gäste im Spicherer Rathaus. Dort sprachen er sowie Senator Michael Weber und der Präfekt des Département Moselle, Laurent Touvet, zu den Anwesenden. Der Volksbundvorsitzende Alwin Theobald verlieh zwei langjährigen Mitgliedern zum Dank für ihre Mitgliedschaft eine Urkunde, bevor er mit Bürgermeister Klein das Buffet eröffnete. 

Insgesamt waren rund 200 Personen der Einladung des Volksbundes gefolgt, darunter hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Deutschland, Frankreich und Amerika aus den Bereichen Politik, Militär, Blaulichtorganisationen, Kirchen sowie Vereine und Verbände.

 

Amélie Zemlin-Kohlberger Assistentin für Öffentlichkeitsarbeit