Meldungen aus dem Landesverband Saar
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Ein letzter Besuch?

Zeitzeugin und Witwe von Alex Deutsch besucht das Grab ihres Vaters in Ysselsteyn

Tochter Doris Deutsch hat Blumen und ein Grablicht mitgebracht. Volksbund/W.Hillen

Doris Deutsch, geborene Kurz, wollte der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS) in Ysselsteyn Kopien von 63 Briefen aus dem Zweiten Weltkrieg zur Verfügung stellen. Diese Briefe schickten sich ihre Eltern, Hilde und Ernst Paul Kurz, um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Zusammen mit Landesvorsitzendem Werner Hillen, Vorstandsmitglied Christiane Meiser und Freundin Monika Rippberger fuhr sie zur letzten Ruhestätte ihres Vaters. Eine sehr bewegende Reise für die 85-Jährige, die vor Ort noch einen weiteren gefallenen Soldaten suchte.

Früh am Morgen machten die Vier sich in Wiebelskirchen auf den Weg. Sie hatten eine lange Fahrt vor sich. Doris Deutsch ist die dritte Ehefrau von Alex Deutsch, der das KZ Auschwitz überlebte und bis zu seinem Tod mit 97 Jahren an saarländischen Schulen seine Geschichte erzählte. Doris begleitete ihn und führte seine Tätigkeit als Friedensbotschafter nach seinem Tod zusammen mit Werner Hillen fort.

Die kleine Gruppe um Doris Deutsch wurde gegen Mittag herzlich vom Leiter der JBS, Sjoerd Ewals, begrüßt und durch das neue Besucherzentrum geführt. Eine hochmoderne und interaktive Ausstellung wurde dort im Frühjahr eröffnet. Sie aßen gemeinsam in der neuen Caféteria, die allen offensteht. Wer dort einkehrt, geht vielleicht auch noch über die Kriegsgräberstätte mit ihren unzähligen Kreuzen.
 

Doris‘ Eltern schrieben sich insgesamt 63 Briefe – der Vater hatte alle durchnummeriert –, die sie nun der JBS Ysselsteyn übergab. Ihr Vater ruht auf der Kriegsgräberstätte mit mehr als 32.000 Gräbern neben der Begegnungsstätte. Mit diesen Briefen können Jugendliche im Rahmen der Workcamps arbeiten und die Lebensgeschichte des Gefallenen aufarbeiten. So wird aus einem Namen auf dem Kreuz wieder ein Mensch, der Frau und Tochter schweren Herzens zurücklassen musste.

Ernst Paul Kurz fiel in Biervliet/Bieroliet (Niederlande) in der Schlacht an der Scheldemündung, die vom 2. Oktober bis 8. November 1944 tobte. Er wollte einem verwundeten Kameraden helfen – doch beide wurden von einer Granate getroffen. Am 10.10.1944 starb er. Mutter und Tochter wurden am 28.10.1944 über seinen Tod informiert. Er wurde zunächst an seinem Todesort, bei Biervliet/Bieroliet (Niederlande), bestattet und 1976 auf die Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn umgebettet.

Bei ihrem Besuch in Ysselsteyn wollte Doris Deutsch jenen Soldaten finden, den der Vater hatte retten wollen. Die Vier suchten gemeinsam mit dem Leiter der JBS nach einem Gefallenen mit demselben Todesdatum – und fanden auch einen. Doch ob es wirklich derjenige war, mit dem der Vater gemeinsam starb, wird man wohl nie wissen.  

Schön, dass es Doris Deutsch noch einmal an das Grab ihres geliebten Vaters geschafft hat. Vielen Dank für die Briefe, die Jugendlichen einen besonderen Zugang zu diesem Kriegsschicksal ermöglichen werden!

Text: Amélie Zemlin-Kohlberger